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Psychologische Sicherheit in Unternehmen

Wie Ihr den Weg zu einer angstfreien Organisation ebnet



Ihr habt Euch schon eine Weile mit den Themen New Work, moderner Führung oder Agile Leadership auseinandergesetzt? Dann ist Euch vielleicht schon das Konzept der psychologischen Sicherheit untergekommen. Psychologische Sicherheit beschreibt eine Atmosphäre, in der Menschen das Gefühl haben, dass sie Ideen, Bedenken oder schlechte Neuigkeiten ansprechen können, ohne Angst zu haben, ausgebremst, zurechtgewiesen oder gedemütigt zu werden.


Unternehmen, in denen Teams täglich eine solch offene Atmosphäre erleben, werden “Fearless Organizations“, also angstfreie Organisationen genannt. In angstfreien Organisationen lassen sich die Mitarbeitenden nicht von der Sorge lähmen, was andere über sie denken könnten. Solche Unternehmen sind oft von Kreativität, Innovationen und Lernbegeisterung geprägt.

Wie kann eine solche Kultur in Unternehmen nun etabliert oder gestärkt werden? Der kniffligste Teil von Transformation in Organisationen ist es, eine große Idee oder Vision in die vielen kleinen Interaktionen zu übersetzen, die unseren Arbeitsalltag prägen. Im Folgenden haben wir daher ein paar Infos und Tipps für Euch zusammengefasst, die Euch dabei helfen sollen, hands-on Eure Unternehmens-, Abteilung- oder Teamkultur psychologisch sicher zu gestalten.


Psychologische Sicherheit wird oft mit dem Begriff des „safe space“ verwechselt - und das, obwohl die Begriffe so ziemlich Gegenteile voneinander sind. Safe spaces sind - wie der Name schon vermuten lässt - sichere Orte, in denen bestimmte Regeln gelten, die die Anwesenden in den besagten Räumen schützen sollen. Diese Räume dienen dazu, eine Wohlfühl-Atmosphäre zu schaffen. Dagegen ist eine psychologisch sichere Kultur nicht frei von Konflikten, Konsequenzen oder Verantwortlichkeit. Unangenehmes ist vorhanden, wird aber positiv und konstruktiv gehandhabt.

Eine psychologisch sichere Kultur zu schaffen, bedeutet für Unternehmen also nicht, dass sie ihre Mitarbeitenden in Watte packen sollen. Vielmehr könnt Ihr Euch psychologische Sicherheit als eine Atmosphäre des gesunden Gebens und Nehmens vorstellen, nicht jedoch als eine Atmosphäre des Kopfeinziehens.


Folgende drei Tipps möchten wir Euch mit auf den Weg geben, wenn Ihr in Eurer Organisation, Eurem Team oder Umfeld eine psychologisch sichere Kultur kreieren möchtet:


1. Die Herausforderung einrahmen

Schafft Raum für Fragen und Bedenken, aber auch für Kreativität. Es ist wichtig, dass die Möglichkeit (in einigen Fällen sogar die explizite Erlaubnis) gegeben wird, zu experimentieren, in unzähligen kleinen Dingen zu versagen und aus den eigenen Fehlern zu lernen. Schließlich leben wir in einer VUCA-Welt. Es gibt also immer mindestens eine Herausforderung zu bewältigen.

2. Zur Teilnahme einladen

Macht zu 100 Prozent klar, dass alle Perspektiven, Meinungen und Stimmen willkommen sind. Seid immer auf der Suche nach dem einen unausgesprochenen Anliegen oder der Idee. Es ist nun einmal unumstritten, dass wir nicht wissen, was wir nicht wissen. Wir bei futurebirds haben in der jahrelangen Begleitung von Organisationen ganz unterschiedliche Unternehmenskulturen erlebt. Ein Unternehmen hat z.B. ihre eigene Insidersprache entwickelt, quasi eine Reihe von Stichwörtern, um die Kommunikation untereinander aufzulockern. Das kann alles Mögliche sein - ein Schlagwort oder eine Zeile aus einem Film. Und je nach Kontext können sie seltsam, albern oder tiefgründig sein. Wir haben auch ein Team in der virtuellen Zusammenarbeit begleitet, dass gerne Memes genutzt hat, um offen, transparent und auf spielerische Art & Weise zu kommunizieren. Eurer Kreativität sind also keine Grenzen gesetzt!

3. Angemessen reagieren

Macht (verbale) Kommunikation zu einer positiven Erfahrung, selbst wenn Ihr nicht mögt, was Ihr gehört habt. Das ist manchmal unglaublich schwer, aber absolut notwendig. Wenn Ihr schlechte Nachrichten erhaltet, seid Ihr vielleicht wütend oder enttäuscht. Ihr macht Euch in diesem Moment vielleicht Sorgen um das Projekt oder wie die Auswirkungen Euch beeinflussen wird. Aber schiebt in diesem Moment all diese Gedanken beiseite und gebt dem Negativen keinen Raum. Im Gegenteil: Bedankt Euch bei dem:r Überbringer:in aufrichtig und, falls angemessen, öffentlich. Danach geht Ihr die Herausforderung konstruktiv an.


Meistens sind es eben doch die kleinen Dinge, die Großes bewirken.


Um Euch eine bessere Vorstellung zu geben, wie in einer psychologisch sicheren Umgebung kommuniziert wird, haben wir einige Sätze gesammelt. Im untenstehenden Beispiel haben wir die Sätze aufgeteilt auf die Rollen „Führungskraft“ und "Teammitglied". Diese Aufteilung dient nur zur besseren Veranschaulichung. Natürlich kann jede Person, egal welche Rolle sie einnimmt, psychologische Sicherheit ermöglichen, aufbauen oder beanspruchen.


Führungskraft

- Das ist völliges Neuland für uns, deshalb brauche ich den Input von allen.

- Es gibt viele Unbekannte. / Die Dinge ändern sich schnell. / Das ist sehr komplex. Wir WERDEN Fehler machen.

- Okay, das ist die eine Seite. Lasst uns die Gegenseite hören. / Wer möchte etwas hinzufügen?

- XY, du siehst besorgt aus. YZ, Du hast nicht viel gesagt. ZX, hast Du noch etwas im Gespräch / im Büro aufgeschnappt?

- Welche Vermutungen haben wir? Was könnte das noch sein? / Was könnten wir untersuchen? / Was haben wir ausgelassen?

- Womit hast Du es zu tun? Welche Hilfe brauchst Du? Was steht Dir im Weg?

- Ist alles so reibungslos verlaufen, wie Du es Dir gewünscht hast? Gab es Reibungspunkte? Gibt es Systeme, die wir umstellen sollten?

- Wenn Du etwas hinzuzufügen hast, dann... (nennt hier ein paar Kommunikationskanäle, auch solche, die für schwierige Gespräche geeignet sind).

- Danke für die klare Sichtweise. (Das war die berühmte Reaktion von Alan Mullaly von Ford auf eine kolossal schlechte Nachricht.)

- Ich weiß es wirklich zu schätzen, dass Du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Es war sicher nicht einfach.


Teammitglied

- Wir haben ein paar neue Informationen, die wir gerne teilen würden.

- Etwas hat mich beunruhigt. Hast Du zehn Minuten, um darüber zu reden?

- Ich habe keine guten Nachrichten. Passt es gerade, um darüber zu sprechen?

- Ich habe das Problem dem Team gegenüber erwähnt und wir haben ein paar Ideen.

- Ich bin auf eine Hürde gestoßen. / Ich muss wieder von vorne anfangen. / Ich habe einen Fehler gemacht.

- Wir haben ein Experiment ausprobiert, und es lief nicht wie erwartet.

- Es gab eine Veränderung bei X, und wir können uns dies noch nicht erklären.

- Ich bin mir nicht sicher, an wen ich mich mit diesen Themen wenden soll. / Ich bin mir unsicher, welche Details Du gerne hören möchtest. / Ich bin mir nicht sicher, welches der nächste Schritt ist, um diese Sache anzugehen.

- Wir brauchen ein weiteres Paar Augen dafür. Es ist das Beste, eine Minute/Stunde/Tag/Woche darauf zu verwenden.

- Ich habe kein gutes Gefühl dabei. Können wir an dieser Stelle / beim Projekt / beim Meeting vorerst „die Bremse ziehen“?



Wie Ihr merkt, sind das ganz normale, alltägliche Phrasen. Aber sie können Euch dabei helfen, eine Kultur der offenen Kommunikation zu schaffen. Und genau das ist der Punkt: Es braucht nicht immer tiefgreifendes Fachwissen, um Veränderung anzustoßen. Es geht hierbei eher darum, ein offenes, wertschätzendes Mindset zu etablieren und das eigene Denken neu auszurichten. Es ist also simpel, wenn auch nicht einfach, eine angstfreie Organisation zu sein.

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